Kondensatoren und ReCaps
Die Kondensatoren sind eine Hauptgruppe im Bereich der passiven elektronischen Bauteile. Es existieren eine Vielzahl unterschiedlicher Arten und Bauformen. Klassifiziert werden Kondensatoren nach ihren zugrundliegenden Materialen. So gibt es beispielsweise Keramikkondensatoren, Tantalkondensatoren, Folienkondensatoren und Aluminiumkondensatoren, die aufgrund ihrer individuellen Eigenschaftsprofile eine Daseinsberechtigung in ihrem jeweiligen Anwendungsgebiet haben. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die Funktionsweise und den Aufbau eines Kondensators im Detail eingehen. Vielmehr soll dieser Artikel praxisrelevante Informationen für den fachgerechten Austausch von Kondensatoren liefern.
Im Wesentlichen unterscheidet man in der Leiterplattentechnik zwei grundsätzliche Bau- oder Verbindungsformen von Bauteilen, die Durchkontaktierung (THT) und die oberflächenmontierten Bauteile (SMD). THT-Bauteile sind meist bedrahtet und werden durch eine in der Leiterplatte befindliche Bohrungen geführt. Die Verbindung/Lötung der Bauteile erfolgt von der Rückseite der Leiterplatte. Entsprechende Leiterplatten waren in den Anfängen der Elektrotechnik mit vertretbaren Aufwand herzustellen und bestens geeignet für die Handmontage der Bauteile. Daher finden wir diese Bauform überwiegend in älterer Elektronik. Bezogen auf Konsolen und Handhelds war THT bis zu Beginn der 90er Jahre der gängige Standard. Diese Form der Bauteilmontage ist allerdings sehr platzintensiv und aufwendig zu automatisieren. In den 90er Jahren setzte sich allmählich SMD durch. Bei SMD ist die Montageseite auch gleichzeitig die Lötseite. Damit kann nun auch die Rückseite von Leiterplatten für die Bauteilmontage genutzt werden, was enorme Platzeinsparungen mit sich brachte. Außerdem ist eine Automatenbestückung wesentlich einfacher realisierbar und somit sind auch Bauteilgrößen verwendbar deren Löten mit Hand nur noch schwer bis unmöglich zu realisieren ist.

THT-Elkos auf einem Netzteil (Atari STE)

SMD-Elkos auf einem Mainboard (SNES 1-Chip)
Aluminiumkondensatoren gibt es in Ausführungen mit flüssigem und festem Elektrolyt und mit radialer als auch mit axialer Bedrahtung. Flüssig-Elektrolyt Kondensatoren (im nachfolgenden Elkos genannt) besitzen aufgrund ihres Aufbaus eine zeitlich begrenzte Lebensdauer. Abhängig von Temperatur und/oder Spannungen treten im Laufe der Jahre bei diesem Kondensatortyp Alterungserscheinungen durch Verdunstung des flüssigen Elektrolyten auf. Man sagt, der Kondensator "trocknet aus". Dieser Vorgang wird beschleunigt, wenn Elkos thermisch überlastet oder mit zu hoher Spannung beaufschlagt werden. Elkos versagen also nicht spontan sondern stellen allmählich ihre Leistungsfähigkeit ein. Die Ausfallrate bezogen auf die Lebensdauer ist normalverteilt, d.h. einige wenige Elkos fallen bereits lange vor Erreichen der theoretischen Lebensdauer aus; andere überschreiten diese deutlich.
Abgesehen von den Betriebsstunden spielt die Lagerfähigkeit für die Alterung eine weitere wichtige Rolle. Mit Lagerfähigkeit ist das Verhalten der Elkos im stromlosen Zustand gemeint. Bleiben Elkos über einen sehr langen Zeitraum stromlos (Geräte werden nicht eingeschalten) wird die innere Oxidschicht korrosiv angegriffen und der Elko kann ebenfalls eintrocknen bzw. auslaufen. Hiervon sind besonders SMD-Elkos aus der Anfangszeit des SMD betroffen. Diesen Effekt beobachten wir bei entsprechenden Retro Konsolen (z.B. Sega Game Gear, PC-Engine Duo) in Zusammenhang mit den langen Lagerzeiten recht häufig.
Hier spielt auch die Qualität der Elkos eine wichtige Rolle. Günstig hergestellte No-Name Elkos neigen frühzeitig zu derartigen Defekten. Elektrolyt ist eine ätzende Flüssigkeit, die Leiterplatten chemisch angreift und Leiterbahnen herauslösen und unterbrechen kann. Sie greift außerdem die Kupferpads, Lötzinn sowie benachbarte Bauteile an und kann diese ebenfalls beschädigen. Außerdem ist das Elektrolyt elektrisch leitfähig. In ungünstigen Fällen können dadurch Kurzschlüsse entstehen. Qualitativ hochwertige Marken-Elkos halten der Alterung nachweislich länger stand.
Elkos werden von ihren Herstellern für unterschiedliche Temperaturbereiche und Spannungsfestigkeiten ausgelegt und im Datenblatt mit einer zu erwartenden Lebensdauer angegeben. Diese Kennwerte sind bei der Auswahl eines Elkos essentiell für dessen korrekte Funktion und Langlebigkeit. Ein weiteres Problem, das öfters beobachtet werden konnte, ist eine unzureichende Dimensionierung für den jeweiligen Anwendungsfall oder sogar ein verpoltes Einsetzen durch den Konsolenhersteller (z.B. Amiga CD32). Wie soeben erwähnt besitzen Elkos eine Polung (Ausnahme: bipolare Elkos). Wird diese nicht beachtet und ein Elko "verpolt" installiert oder an Wechselspannung betrieben zerstört sich der Elko innerhalb kürzester Zeit selbst. Dabei erhitzt sich der Elko stark, bläht sich auf und kann im Ernstfall explodieren. Selbiges tritt auch bei Überalterung des Elkos auf. Durch die bei der Austrockung entstehenden Gase baut sich Druck im Aluminiumzylinder auf und der Elko beginnt zu blähen. Elkos werden aus diesem Grund mit Sollbruchstellen versehen an denen der Druck entweichen kann, um die Explosionsgefahr zu minimieren. Anhand dieser Sollbruchstellen lassen sich defekte Elkos äußerlich gut erkennen.
Wie im vorherigen Absatz erläutert besitzen Elkos eine vom Hersteller angegebene Lebensdauer, die in engem Zusammenhang mit der Temperatur und der Spannungsfestigkeit steht. Nähert sich der Elko dieser an (durch eine entsprechende Anzahl an Betriebsstunden unter entsprechenden Einsatzbedingungen) wird es immer wahrscheinlicher zu Ausfallerscheinungen kommen.
Im Wesentlichen können defekte Elkos äußerlich auf zwei Arten identifizier werden. Einmal durch Betrachtung des Elkos selbst. Blähen diese auf, verformt sich i.d.R. die Sollbruchstelle an der Oberseite (vgl. nachfolgendes Bild). Es können auch andere Deformationen entlang des Alu-Zylinders auftreten. Dies ist ein eindeutiges Zeichen für einen defekten Elko und ist meist bei THT-Elkos zu beobachten. SMD-Elkos neigen zur Abgabe ihres Elektrolyts (Auslaufen). Das ausgelaufene Elektrolyt greift die Lötpads des Elkos und umliegende Bauteile an. Dies äußert sich optisch in matten Lötstellen sowie der Bildung von Grünspan im betroffenen Bereich. Versucht man die matten Lötpads nachzulöten so stellt man fest, dass diese korrodiert sind und kein Lötzinn annehmen. Außerdem entsteht ein unangenehmer Geruch. Man bezeichnet dies auch als "fischeln". Der Elko selbst zeigt meist keine Anzeichen für einen Defekt.

aufgeblähte THT-Elkos einer XBOX 360

ausgelaufener SMD-Elko mit korrodiertem Lötpad
Aus den oben beschriebenen Punkten ergeben sich die folgenden wichtigen Hinweise für den Umgang und die Installation von Elektrolytkondensatoren.
Tipp: Um ungewollten Entladungen auf dem Mainboard vorzubeugen und die Konsolen im schlimmsten Fall zu zerstören, sollte man sich vor Beginn der Arbeiten erden.
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Kapazität: In Bezug auf die Kapazität (angegeben in nF bzw. µF) erfolgt der Austausch von Kondensatoren 1:1, d.h. Elkos werden immer mit einem gleichwertigen Elko ersetzt. Soll aus technischen Gründen ein Kondensator mit abweichender Kapazität eingesetzt werden, so wird dies bei meinen CapKits explizit ausgeschrieben und der betroffene Elko separat verpackt.
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Spannungsfestigkeit: Die Spannungsfestigkeit (in V) ist bei Ersatz-Elkos mindestens gleich oder höher zu wählen. Oft kann es sinnvoll sein, Elkos mit einer höheren Spannungsfestigkeit als ursprünglich verbaut einzusetzen. Die "Überdimensionierung" kann die Lebensdauer der Elkos signifikant erhöhen.
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Polung beachten: Elkos müssen immer entsprechend ihrer Polung auf dem Mainboard eingelötet werden. I.d.R. ist der Pluspol auf dem Mainboard mit einem +-Symbol gekennzeichnet. Es gibt aber auch Ausnahmen, bei denen stattdessen der Minuspol gekennzeichnet ist (besonders bei SMD) oder in seltenen Fällen jegliche Markierung fehlt. Es ist deshalb ratsam die Orientierung des Elkos vor dem Auslöten zu verinnerlichen oder zu fotografieren. Bei radial bedrahteten Elkos ist der Minuspol mit einem dicken Balken versehen. Außerdem ist der Minusdraht im Vergleich mit dem Plusdraht kürzer. Axiale Elkos haben am Minuspol ebenfalls einen dicken Balken und/oder einen Richtungspfeil, der von Minus nach Plus weißt. SMD-Elkos haben auf Seiten des Minuspols stirnseitig eine dicke Markierung.
Die nachfolgenden Bilder zeigen Beispielhaft die gängigen Werteangaben und die Kennzeichnung der Polung auf Elektrolytkondensatoren. Bei SMD-Elkos wird dabei ein Buchstabencode verwendet. Dieser kann sich je nach Hersteller unterscheiden. Im Beispiel handelt es sich um Kondensatoren von Panasonic. Meinen CapKits liegt eine entsprechende Info zur Decodierung bei.


Ich verwende in meinen CapKits häufiger Elkos mit höheren Spannungsfestigkeiten wie angegeben. Sollte der genaue Wert nicht dabei sein ist immer ein Elko mit der nächsthöheren Spannungsfestigkeit zu wählen.
Als Beispiel:
Originalelko 220µF / 6.3V -> Ersatzelko 220µF / 16V
Originalelko 10µF / 16V -> Ersatzelko 10µF / 25V usw.
Eine Ausnahme bilden bipolare Elkos. Bei diesen ist die Polung irrelevant. Entsprechend ist weder das Mainboard noch der Kondensator mit einer Angabe zur Polung versehen. Radiale Elkos werden häufig mit der Abkürzung "B.P." für Bipolar bedruckt.



Weiterer Tipp - Reinigung: Besonders im Falle bereits ausgelaufener Kondensatoren muss das Board nach ablöten der Elkos gründlich gereinigt werden. Verbleibende Elektrolytreste greifen weiterhin Leiterplatte und Bauteile an und könne dort irreparable Schäden anrichten. Oft kann es helfen die Leiterplatten gegen das Licht zu halten, um Elektrolytrückstände zu erkennen.
Ganz wichtig: Hinweise zum Selbstschutz
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Schutzbrille! Beim Entlöten der Elkos wird diesen u.U. sehr viel Wärme zugeführt und die Elkos erhitzen sich stark. Je nach Zustand kann dies ein platzen der Elkos auslösen. Dies kann auch auftreten, wenn äußerlich keine deutlichen Mängel sichtbar sind. Sogar neue Elkos lassen sich auf diese Art und Weise überhitzen und zur Explosion bringen. Heißes Elektrolyt sollte keinesfalls auf die Haut oder gar in die Augen gelangen!
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Achtung vor Restladung! Kondensatoren speichern Ladungen. Besonders größere Kondensatoren im Bereich der Spannungsversorgung oder gar in Netzteilen können lebensgefährliche Spannungen speichern. Niemals Kondensatoren an den Polen berühren ohne diese vorher fachgerecht zu entladen. Eine Anleitung dazu werde ich an dieser Stelle bewusst nicht geben und verweise an Hilfe von kundigen Fachpersonal.
Anmerkung: die Konsole im getrennten Zustand mehrmals ein- und auszuschalten kann einige Kondensatoren entladen, ist aber keine fachgerechte Entladung und alles andere als sicher!
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die Konsole unbedingt vor dem Öffnen vom Netzstrom trennen und niemals Handlungen an einer Konsole im laufenden Betrieb durchführen.